Michael Roth

EUROPA

Wohin soll die Reise gehen?

Michael Roth ist Staatsminister für Europa am Auswärtigen Amt. Der Diplom-Politologe ist seit 1998 Mitglied des Bundestags für die Fraktion der SPD, deren europapolitischer Sprecher er von 2010 bis 2013 war. Roth ist zudem Beauftragter der Bundesregierung für die deutsch-französische Zusammenarbeit.

RAUM – Wer oder was gehört zu Europa?

Wo fängt Europa an, wo hört Europa auf?

Europa beginnt dort, wo Menschen ohne Angst verschieden sein können. Frei. Sicher. Solidarisch. Demokratisch. Europa endet dort, wo Nationalismus, Autoritarismus und Populismus Angst und Schrecken, Hass und Lüge verbreiten.

Europa ohne Italien wäre ...

... ziemlich arm, definitiv nicht Europa.

Europa ohne Deutschland wäre ...

... genauso unvorstellbar wie Deutschland ohne Europa.

Wo in Europa möchten Sie leben?

Im Herzen von Europa, wo ich jetzt schon lebe. Zum glücklich sein brauche ich auch das Meer und die hohen Berge. Von beidem haben wir in Europa mehr als genug. Ich bin ja gerne #ontheRoth.

Mehr als nur ein Raum ohne Binnengrenzen?

☒ Ja, weil die EU ja viel ist, viel mehr als ein Binnenmarkt, eine Währungsunion. Europa überwindet Grenzen - im Denken und Tun. An neuen Mauern und Zäunen ginge die Idee des vereinten Europas elendig zugrunde. Wir brauchen Austausch und Begegnung wie die Luft zum Atmen.

☐ Nein, weil ...

☐ Vielleicht, weil ...

SOUVERÄNITÄT – Wer hat in Europa das Sagen?

Was sind die größten Stärken der Europäischen Union?

Voneinander und miteinander zu lernen.

In welchem Bereich wünschen Sie sich mehr, in welchem weniger Europa?

Mehr - im westlichen Balkan.

Weniger - industrielle Agrarpolitik.

**Was würden Sie als erstes tun, wenn Sie EU-Kommissionspräsident*in wären?**

Exakt das fortsetzen, wofür ich mich als Europa-Staatsminister schon tagtäglich einsetze: Grundwerte und Rechtsstaatlichkeit in der EU stärken und schützen.

Was verabscheuen Sie in der Europapolitik am meisten?

Wenn Regierungen Europa als Sündenbock oder Melkkuh missbrauchen. Wenn Roma diskriminiert und ausgegrenzt werden.

**Stellen Sie sich vor, Sie sind US-Präsident*in: Was erwarten Sie von Europa?**

Selbstbewusstsein. Geschlossenheit. Faire Verhandlungen. Enge Zusammenarbeit.

IDENTITÄT – Was meint Europa?

Welche Europäerin oder welchen Europäer möchten Sie gerne persönlich kennenlernen?

Ich hätte gerne Simone Veil kennen gelernt. Sie verkörpert die dunkelsten und hellsten Momente unseres Kontinents: Holocaust-Überlebende, leidenschaftliche Europäerin und Vorkämpferin für den Feminismus.

Ihr Vorschlag für ein Leitmotiv für die Europäische Union der Zukunft?

Verschieden, versöhnt, vereint.

Welches Kunstwerk von europäischer Bedeutung fällt Ihnen spontan ein?

Guernica von Pablo Picasso. „Wrapped Reichstag“ von Christo und Jeanne-Claude. Personal Jesus von Depeche Mode.

Ihr Vorschlag für eine Erkennungsmelodie der Europäischen Union?

Ach, die Ode an die Freude gefällt mir sehr gut. Die Europa-Hymne kennt doch wirklich jede und jeder. Alternativ: „Pure Vernunft darf niemals siegen“ von Tocotronic.

Ohne die folgenden drei Dinge wäre Europa für mich nicht Europa:

1. Freiheit

2. Vielfalt

3. Solidarität

Und ganz zum Schluss eine kleine Variation zu Goethe: Wohin würde Sie Ihre ganz persönliche ‚Europäische Reise‘ führen und wen nähmen Sie mit?

Ganz ehrlich: Die Europäische Goethe-Straße, die seine Reise nach Rom nachverfolgt, klingt nach einer ziemlich spannenden Route! Die würde ich mal mit meinen Patenkindern erkunden. Wenn die darauf partout keine Lust haben, dann einmal die Alpen von West nach Ost erwandern oder mit dem Auto durch den Balkan. Der Weg ist das Ziel.