Digitale Eröffnungsdiskussion: „Krisenbewältigung als Integrationsmotor“Passt das Narrativ auf die Handlungsmuster der EU in der Corona-Krise?
15. September 2020

Anlässlich des ursprünglich vorgesehen Austragungszeitpunkts der ersten Präsenzveranstaltung des Hamburg-Vigoni Forums hat am 15. September 2020 eine digitale Eröffnungsdiskussion unter Beteiligung aller bisher bestätigten Speaker stattgefunden. Die Teilnehmenden haben sich aus unterschiedlicher Perspektive dem europäischen Umgang mit der Corona-Krise und möglichen Bezugspunkten zu zwei der thematischen Schwerpunkte des Forums – Souveränität und Identität – genähert. Den Ausgangspunkt der Diskussion bildete dabei die Fragestellung: „Krisenbewältigung als Integrationsmotor – Passt das Narrativ auf die Handlungsmuster der EU in der Corona-Krise?“. In der fruchtvollen und instruktiven Diskussion konnte erfolgreich der Grundstein für eine weitere Erörterung der Themenkomplexe Souveränität und Identität gelegt werden, die im kommenden Jahr 2021 in Präsenz in der Villa Vigoni fortgeführt werden soll.
Der interdisziplinär besetzte Kreis der Speaker fügte sich zusammen aus
- Prof. Dr. phil. habil. Michael Gehler sowie Prof. Dr. em. Hartmut Kaelble aus dem Bereich Geschichtswissenschaften,
- Prof. Dr. Christian Calliess, LL.M. Eur und Prof. Dr. Kirsten Schmalenbach aus dem Bereich Rechtswissenschaften sowie
- Prof. Dr. Eva Heidbreder aus dem Bereich Politikwissenschaften.
Komplettiert wurde das Symposium durch die Initiator*innen der Konferenzreihe aus Hamburg und von Seiten der Villa Vigoni. Die Moderation der Veranstaltung übernahm Prof. Dr. Markus Kotzur, LL.M. (Duke Univ.).
Die Eingangsstatements der Speaker wurden aufgezeichnet und können hier abgerufen werden:
Prof. Dr. Christian Calliess erörtert ausgehend von einem kompetenzorientierten Souveränitätsbegriff die Möglichkeit einer Kompetenzerweiterung der Europäischen Union als Produkt der Corona-Krise. Er konzentriert sich dabei auf die Bereiche der Gesundheits- und Währungspolitik und greift als Referenzwert für die aktuell beobachtbaren Handlungsmuster der Europäischen Union die ‚Sorbonne-Rede‘ von Frankreichs Staatspräsident Emanuel Macron im September 2017 auf.
Prof. Dr. phil. habil. Michael Gehler widmet sich anhand von fünf Thesen dem Spannungsfeld Souveränitätspolitik – Supranationalitätspolitik. Aufbauend auf einem exemplarischen Überblick über historische Krisen der Europäischen Union ordnet er das gegenwärtige Krisenmanagement ein und formuliert einen Reformvorschlag mit Blick auf die Effektivierung der europäischen Handlungsmöglichkeiten hinsichtlich zukünftiger Krisen.
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Prof. Dr. Eva Heidbreder setzt die Covid-Krise in Bezug zu anderen Krisen der Europäischen Union. Sie analysiert die europäischen Reaktionsmuster und eruiert, inwieweit jeweils ein Trend zu mehr Integration im Sinne von einer kooperativen Handlungsstrategie zwischen den Mitgliedstaaten erkennbar ist und war. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der kon- oder divergenten Wahrnehmung und Deutung der einzelnen Krisen durch die Mitgliedstaaten.
Prof. Dr. em. Hartmut Kaelble diskutiert den Mehrwert einer Aufarbeitung der Geschichte europäischer Identität. Er differenziert dabei zwischen zugeschriebener Identität und der aktiven Identifizierung der Bürger*innen mit der Europäischen Union.
Prof. Dr. Kirsten Schmalenbach untersucht in ihrem Beitrag den Begriff der „Identität“ in den Verträgen der Europäischen Union. Unter Zugrundelegung eines Vergleichs der Corona-Krise mit dem ‚Brexit‘ kontextualisiert sie insoweit die unterschiedlichen Bezugnahmen auf den Topos.